Greifswald, Oktober 1992
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Greifswald, Oktober 1992: Der junge Mann links war damals wie heute ein Anführer der Greifswalder Neonazis. Dazwischen verbrachte er einige Zeit im Gefängnis


Maik Spiegelmacher im August 1998
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"Ich weiß, daß wir siegen werden und Eure Aktionen nur dem Zucken eines Opferlamms gleichen! Denn Eure Aungst ist unsere Stärke"

Maik Spiegelmacher am 7.11.2000 im internet-Forum des Bündnis gegen rechts Greifswald

NPD-Demonstration verboten - Dokumentation der Verbotsverfügung

Am 8. Januar übergab der Oberbürgermeister dem NPD-Kreisvorstand die folgende Verbotsverfügung. Gegen dieses Verbot legte die NPD bei Gericht Einspruch ein. Am 11.1. wurde ihrem Antrag statt gegeben, das heißt, sie kann am 14. Januar durch Greifswalds Straßen marschieren. Da wir diese Verfügung, und ganz besonders deren Begründung für sehr interessant halten, geben wir ihn hier komplett wieder. Die Fakten sprechen für sich. Als Kommentierung nur soviel: um wessen Strafregister es sich bei der ersten aufgeführten Person handelt, dürfte eigentlich klar sein, oder?


"Hansestadt Greifswald

Der Oberbürgermeister

 

Herrn Vorsitzenden des NPD-Kreisverbandes Greifswald

Maik Spiegelmacher

Makarenkostraße 36a

17491 Greifswald

Greifswald, den 08.01.2001

Verbot der Demonstration am 14.01.2001

Sehr geehrter Herr Spiegelmacher,

auf Ihre Anmeldung der Demonstration mit anschließender Kundgebung erlasse ich folgendes Verbot:

1. Die Durchführung der für den 14.01.2001 angemeldeten Versammlung unter freiem Himmel in Greifswald wird verboten.

2. Jede Form einer Ersatzveranstaltung am gleichen Tag in Greifswald wird verboten.

3. Die sofortige Vollziehung von Nr. 1 und Nr. 2 dieser Verfügung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der VwGO angeordnet.

Begründung

I. Mit Schreiben vom 13.11.2000 meldeten Sie für den 14.01.2001 in Greifswald einen Demonstrationszug an. Ausgangspunkt sollte der Hauptbahnhof sein. Die Abschlusskundgebung sollte in Schönwalde II stattfinden. Nach eigenen Angaben rechnen Sie mit ca. 500 Teilnehmern an der von Ihnen beabsichtigten Aktion, zu deren Teilnahme u.a. im Internet bundesweit aufgerufen wird. Verschiedene Vereinigungen, Verbände und Kirchen haben eine Gegendemonstration mit Abschlusskundgebung ebenfalls in Schönwalde II angekündigt, bei der mit ca. 1150 Teilnehmern gerechnet wird. Darüber hinaus sind verschiedene andere Gegenveranstaltungen signalisiert worden. Mit der Anmeldung baten Sie, den beabsichtigten Einsatz von Ordnern zu genehmigen. Mit Schreiben vom 12.12.2000 benannten Sie **** als stellvertretenden Versammlungsleiter, weiterhin verschiedene Personen als Ordner. Bei Prüfung der Frage, ob Sie und die von Ihnen benannten Ordner die hinreichende Gewähr für einen störungsfreien Ablauf der Versammlung bieten, habe ich am 02.01.2001 festgestellt, dass Ordner wegen einer ganzen Reihe von Straftaten rechtskräftig verurteilt worden sind. Mit Schreiben vom 04.01.2001 habe ich Ihnen Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen. Darauf haben Sie mit Schreiben vom 04.01.2001 den bisher als stellvertretenden Versammlungsleiter genannten **** als neuen Versammlungsleiter benannt. Weiterhin haben Sie für die fünf vorbestraften Ordner Ersatzpersonen als Ordner benannt. Am 05.01.2001 hat die Versammlungsbehörde mit dem neuen Versammlungsleiter, Herr (Name geschwärzt), ein Koordinierungsgespräch für diesen Tag vereinbart. Zu dem Gespräch ist Herr **** mit Ihnen erschienen. Gegenstand des Gesprächs waren u.a. Beginn und Ende der Demonstration, die Wegstrecke, der Ausschluss von Lautsprechern und Sprechchören in der Bahnhofstraße, der Ausschluss von Marschieren im Gleichschritt, die Untersagung von Trommeln und Fahnen, die Rückkehr vom Ort der Abschlusskundgebung zum Hauptbahnhof, die Stellung von Ordnern und Sanitätern und die Frage des Ausschlusses gewaltbereiter Personen. Im Koordinierungsgespräch am 05.01.2001 ist deutlich geworden, dass Herr **** nicht über die erforderlichen Fähigkeiten zur Leitung der Demonstration verfügt. Nahezu das gesamte Gespräch wurde von Ihnen geführt. Auf an ihn gerichtete Fragen hat Herr **** nur einmal eine Antwort gegeben (Teilnahme am Ordnerlehrgang). Im übrigen brachte Herr **** mit seinem gesamten Verhalten zum Ausdruck, dass er Ihnen gegenüber über keinerlei Durchsetzungsfähigkeiten verfügt und sich Ihnen als faktischem Versammlungsleiter vorbehaltlos unterordnet. Auf entsprechenden Vorhalt haben Sie dies sinngemäß mit der Erklärung bestätigt, dass die Sache ja ganz neu sei und er sich mit der Sache erst vertraut machen müsse.

II. Die zuständige Behörde kann eine Versammlung oder einen Aufzug gemäß § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Diese Voraussetzungen sind bei der von Ihnen angemeldeten Veranstaltung gegeben. Von Ihnen benannten Ordner haben wiederholt schwere Straftaten begangen, und zwar überwiegend in einer Weise, die mit Blick auf die beabsichtigte Versammlung eine konkrete und unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung begründet. Im einzelnen sind hier zu Ihnen und den von Ihnen zunächst benannten Ordnern folgende Straftaten bekannt geworden :

1. **** a) Urteil des AG Greifswald vom 07.04.1992 u. a. wegen gefährlicher Körperverletzung mit Vergehen gegen das Waffengesetz zu 1 Jahr und 6 Monaten Jugendstrafe;

b) Urteil des LG Stralsund vom 03.03.1993 wegen gemeinschaftlich versuchten Mordes und der Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von 4 Jahren unter Einbeziehung der Entscheidung des AG Greifswald vom 07.04.1992;

d) Urteil AG Neubrandenburg vom 10.03.1995 wegen gefährlicher Körperverletzung 10 Monate Freiheitsstrafe, 3 Jahre Bewährung;

e) Urteil AG Greifswald vom 15.11.1996 wegen Volksverhetzung zu 6 Monaten Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung;

f) Urteil AG Greifswald vom 13.11.1998 wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, Bewährungszeit bis zum 12.11.2001.

2. zu Herrn **** a) Urteil AG Soltau vom 13.01.1994 wegen Urkundenfälschung, 20 Tagessätze zu je 70,— DM;

b) Urteil AG Greifswald vom 21.09.1994 wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, 30 Tagessätze zu je 20,— DM;

c) Urteil AG Hamburg vom 24.01.1995 wegen gefährlicher Körperverletzung, 6 Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung;

d) Urteil AG Greifswald vom 09.06.1997 wegen vorsätzlichen Vollrausch (Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) 6 Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung;

3. zu Herrn **** a) Urteil AG Greifswald vom 29.09.1997, Hausfriedensbruch, 20 Tagessätze zu je 15,— DM;

b) Urteil AG Berlin-Tiergarten vom 05.08.1998 wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Geldauflage, Verfahren eingestellt nach § 47 JGG;

c) Urteil AG Greifswald vom 21.07.1999 wegen vors. Trunkenheit im Verkehr, 40 Tagessätze zu je 25,— DM;

4. zu Herrn **** Urteil AG Lübeck vom 16.07.1999 wegen Körperverletzung, 20 Tagessätze zu je 40,— DM;

5. zu Herrn **** a) Urteil AG Eberswalde vom 21.04.1994 wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis, Urkundenfälschung, 17 Tage Jugendarrest;

b) Urteil AG Eberswalde vom 06.04.1995 wegen u. a. gefährlicher Körperverletzung, Diebstahl, vors. Trunkenheit im Verkehr, 7 Monate Jugendstrafe ausgesetzt zur Bewährung;

c) Urteil AG Eberswalde vom 24.11.1995 u. a. wegen Diebstahl in 6 Fällen und vors. Trunkenheit im Verkehr, 1 Jahr und 6 Monate Jugendstrafe;

d) Urteil AG Eberswalde vom 16.01.1998 wegen u. a. Fahren ohne Fahrerlaubnis, vors. Trunkenheit im Straßenverkehr, 1 Jahr und 4 Monate Freiheitsstrafe;

e) Urteil AG Eberswalde vom 23.12.1998 wegen vors. Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30,— DM;

6. zu Herrn **** a) Urteil AG Greifswald vom 15.10.1998 wegen vers. Strafvereitelung in 2 Fällen, Verwarnung;

b) Vfg. Der StA Stralsund vom 20.07.1994 Absehen von der Verfolgung gem. § 45 JGG wegen Landfriedensbruch.

Am 08.01.2001 ist bekannt geworden, dass weitere von Ihnen benannte Ordner wegen verschiedener Straftaten rechtskräftig verurteilt worden sind:

1. Herr **** verurteilt im Jahre 2000 wegen Volksverhetzung

2. Herr **** verurteilt wegen Trunkenheit im Straßenverkehr

3. Herr **** verurteilt wegen Sachbeschädigung und mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung.

Hervorzuheben sind in vorstehendem Zusammenhang insbesondere die rechtskräftigen Verurteilungen wegen gemeinschaftlich versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch, Volksverhetzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. In dem Gespräch am 05. 01. 2001 ist deutlich geworden, dass Sie selbst jedenfalls faktisch nach wie vor die Rolle des Versammlungsleiters wahrnehmen. Aufgrund Ihrer Vorstrafen fehlt Ihnen die erforderliche Zuverlässigkeit, bei etwaigen Störungen während der Versammlung für Ordnung und Sicherheit der Versammlung zu sorgen. Gerade bei Versammlungen mit hohem Gefahrenpotential für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wie es bei politischen Demonstrationen extremistischer Parteien wie der NPD regelmäßig der Fall ist, kommt es besonders auf die Zuverlässigkeit des Versammlungsleiters an. Der von Ihnen pro forma benannte Versammlungsleiter, Herr **** besitzt nicht das für die Leitung der Versammlung notwendige Durchsetzungsvermögen und spielt Ihnen gegenüber eine völlig untergeordnete Rolle. Ihr diesbezüglicher Erklärungsversuch, dass die Sache für Herrn **** ganz neu sei und er sich deshalb erst einarbeiten müsse, trifft nicht zu. Herr **** wurde von Ihnen schon am 12.12. als stellvertretender Versammlungsleiter benannt. Ihre Nichteignung wird auch daran deutlich , dass sie keinerlei Bedenken haben, wenn - wie von Ihnen im Gespräch am 05.01.2001 erklärt - die zunächst benannten vorbestraften Ordner an der Demonstration teilnehmen. Im Gespräch am 05.01.2001 haben Sie erklärt, Sie hätten die Ordner nach Autorität und Durchsetzungsvermögen ausgewählt. Daraus ergibt sich, dass durch die Teilnahme der von Ihnen zurückgezogenen Ordner an der Demonstration die mit diesem Personenkreis verbundene Gewaltbereitschaft bei der Demonstration weiterhin vorhanden und durch eine gewisse Vorbildfunktion dieses Personenkreises im Konfliktfall voraussichtlich auch auf andere Demonstrationsteilnehmer ausstrahlen wird. Zu den jetzt von Ihnen benannten Ordnern gehören auch die o.g. drei Personen, die entgegen Ihrer Erklärung im Gespräch vom 05.01.2001 vorbestraft sind. Der von Ihnen im Gespräch am 05.01.2001 als “Leiter der Ordner“ benannte **** erscheint aufgrund seiner etwa ein halbes Jahr zurückliegenden Verurteilung wegen Volksverhetzung nicht geeignet, eine Aufgabe als Ordner der Versammlung wahrzunehmen. Es ist wohl kaum damit zu rechnen, dass er gegen das Begehen derartiger Straftaten im Verlauf der Demonstration einschreiten würde. Weitere gewaltbereite Personen aus der rechten Skin-Szene würden voraussichtlich ebenfalls an der Demonstration teilnehmen. In diesem Zusammenhang ist auf einen Vorfall in der Nacht vom 06. auf den 07.01.2001 Bezug zu nehmen. Dabei haben etwa 30 Jugendliche der rechten Szene im sog. “Greifenbomber“ in der Straße “An den Gewächshäusern“ an einer Veranstaltung teilgenommen, bei der Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwandt wurden. Bei Auflösung der Veranstaltung (nach eigenen Aussagen der Teilnehmer eine Skin-Feier) ist es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten gekommen. An dieser Veranstaltung haben auch zwei der von Ihnen zunächst benannten vorbestraften Ordner **** und ****, letzterer bekleidet mit einem Pulli mit aufgedrucktem Hakenkreuz) teilgenommen. Nach Ihren eigenen Angaben im Gespräch am 05.01.2001 ist davon auszugehen, dass die von Ihnen zurückgezogenen Ordner und der Personenkreis aus deren Umfeld auch an der Demonstration am 14.01.2001 teilnehmen würden. Mit der Teilnahme derart gewaltbereiter Personen nehmen Sie billigend in Kauf, dass es bei der Demonstration am 14.01.2001 zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen würde. Wie auch der Vorfall vom 06./07.01.2001 belegt, wird schon auf kleinste Anlässe aus den Reihen der Skin-Szene gewalttätig reagiert und besteht keine Bereitschaft, polizeilichen Verfügungen zu befolgen. Weiterhin kommt in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung Ihrem Demonstrationsaufruf zu. Darin sind folgende Sätze enthalten: “Die Demonstration erfolgt in gewohnter Weise friedlich und gewaltlos. Zeigen wir den Greifswalder Bürgern, wer die wahren Terroristen sind!“ Auch wenn von Ihnen selbst keine direkte Gewaltanwendung geplant sein sollte, ist es nach Ihrem eigenen Aufruf wesentlicher Zweck der Versammlung, gewaltbereite Gegendemonstranten anzulocken. Wie auch der Vorfall vom 06./07.01.2001 zeigt, ist schon bei kleinsten Provokationen mit gewalttätigen Reaktionen ihrerseits bzw. der Teilnehmer ihrer Demonstration zurechnen. Dies ist auch bei anderen Versammlungen der NPD in der Vergangenheit immer wieder geschehen. Die dann auftretende Gewalt wollen Sie nach eigenen Angaben öffentlich für Ihre Zwecke ausschlachten. Erschwerend kommt in vorstehendem Zusammenhang hinzu, dass aufgrund des bundesweiten Aufrufs zur Teilnahme an Ihrer Veranstaltung die Anzahl der voraussichtlichen Teilnehmer nur schwer prognostizierbar ist. Gleiches gilt von der Anzahl gewaltbereiter Gegendemonstranten, die ebenfalls aus dem gesamten Bundesgebiet zu erwarten sind. Die zu erwartenden Gewalttaten würden Straftaten verschiedenster Art sein. Durch zu erwartende Köperverletzungen und Sachbeschädigungen würden jedenfalls elementare Grundrechte betroffen. Ihre Veranstaltung wäre Auslöser der zu erwartenden Gewalttätigkeiten. Das Verbot Ihrer Veranstaltung ist geeignet, um die beschriebenen Gefahren und Störungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu beseitigen. Das Verbot ist auch erforderlich, da keine milderen Mittel, insbesondere Auflagen geeignet wären, die beschriebenen Gefahren zu beseitigen. Schließlich ist das Verbot auch angemessen. Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die insbesondere mit Blick auf die Rechtsgüter wie Leben, körperliche Unversehrtheit, aber auch Eigentum und ungestörte Religionsausübung gefährdet ist, hat im vorliegenden Fall Vorrang vor dem Recht auf Ausübung der Versammlungsfreiheit. Die vorstehend genannten Gründe gelten auch für das Verbot einer Ersatzveranstaltung. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde getroffen, weil nur so verhindert werden kann, dass die Versammlung unter Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen abgehalten wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt das Interesse Ihrer Partei an der Durchführung der Versammlung, da sich sonst bei einem möglichen Widerspruch die oben bezeichneten Gefahren verwirklichen würden. Da im vorliegenden Fall hochwertige Rechtsgüter wie Leben und körperliche Unversehrtheit in Gefahr sind, ist diese Anordnung gerechtfertigt.

Hochachtungsvoll

von der Wense Oberbürgermeister"


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