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Was war los 2000 in Greifswald ?

Eine unvollständige Bilanz des EA des Bündnis gegen rechts Greifswald

Aus den Unterlagen des Ermittlungsausschusses (EA):

Vorbemerkung: Der EA bietet Opfern rechtsextremer Überfälle Unterstützung an und sammelt Material über Rechtsextremismus allgemein sowie rechtsextreme Straftaten in Greifswald und Umgebung im besonderen.

Übersicht 2000 (unvollständig):

Am 24. Februar 2000 fand vor dem Amtsgericht Greifswald ein Prozeß gegen fünf junge Männer und drei junge Frauen statt, die sich am 24. Juli 1998 während des Landtagswahlkampfes am Protest gegen den ersten „Infostand“ der rechtsextremen NPD am Greifswalder Mühlentor beteiligt hatten. Ihnen wurde Beleidigung, Sachbeschädigung, schwere Körperverletzung, schwerer Landfriedensbruch und „Bildung bewaffneter Haufen“ vorgeworfen. Der EA besorgte ihnen Anwälte und sammelte Unterschriften gegen den Prozeß. Die Anklage mußte fallengelassen werden.

In der Nacht vom 11. zum 12. März 2000 wurden ein 25jähriger Bauarbeiter und sein Bruder im Jugendklub „Cavern“ von rechten Jugendlichen zusammengeschlagen. Unter den Rechten befand sich Gunnar Lüschow, der im letzten Jahr im Prozeß wegen des Überfalls auf R. mitbeschuldigt war und auf Bewährung draußen ist. Dem 25jährige Bauarbeiter wurde die Hand zertreten, sie mußte in einer 5stündigen Operation operiert werden. Die Rechten bedrohten Zeugen, sie totzuschlagen, wenn sie gegen sie aussagen würden.

Der Prozeß gegen einen der insgesamt sieben rechten Jugendlichen, die im März 1999 einen jungen Mann verprügelt haben, endete am 20. März 2000 mit einer Verurteilung des Täters zu einer Jugendstrafe, die zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zu 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit und einem Schmerzensgeld in Höhe von 500 DM. Der Prozeß gegen zwei der Täter, darunter der Sohn des Filialleiters der Vereins- und Westbank Greifswald, ist noch nicht beendet.

20. März 2000 Vier angetrunkene Jugendliche randalieren vor dem St.Spiritus und gefährden Passanten. Sie gröhlen Parolen („Nieder mit diesem Judenstaat“, „Sieg Heil“) und zeigen den Hitlergruß.

26. April in der Stadtbibliothek: öffentliche Veranstaltung mit dem Berliner Anwalt Wolfgang Puder unter dem Titel „Rechtlos gegen Rechts?“

Am 25. April 2000 wurde vor dem Landgericht Stralsund der Prozeß gegen Maik Spiegelmacher (NPD- Kreisvorsitzender) und andere, die im Wahlkampf 1998 an einem Überfall auf drei Leuten vom Bündnis am Hansaring beteiligt waren, fortgesetzt. Der Prozeß endet mit Freispruch. Die in diesem Zusammenhang von der Staatsanwaltschaft gegen den RA Hans- Günter Eisenecker (stellv. Bundesvorsitzender der NPD) erhobene Vorwurf der Beleidigung des Hauptbelastungszeugen wurde fallengelassen. Eisenecker, der Verteidiger von Maik Spiegelmacher, hatte in seinem Plädoyer rassistisch ausgeführt, der Zeuge sei dunklen Teints, deshalb schauspielerisch besonders begabt und als Zeuge weniger glaubhaft.

Wie die Ostsee- Zeitung vom 20./21. Mai (S. 15) mitteilte, sind Wohnung und PKW eines der „Bunt statt Braun“- Initiatoren von Anklam, des Theaterdramaturgen Piet Oltmans, von Staatsanwaltschaft und Polizei durchsucht worden. Hintergrund war eine Anzeige wegen Beleidigung, die Mirko Gudath vom rechten sog. „Bündnis für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ gegen ihn gestellt hatte. Oltmanns hatte ihn in einem Flugblatt als Ex- NPD- Mann bezeichnet. Das Bündnis startete eine Solidaritäts- und Öffentlichkeitskampagne u.a. mit einer Faxaktion an den Innenminister Gottfried Timm und an den damaligen Justizminister Harald Ringstorff.

Anfang Juni: Die auf Polizeimmitteilungen beruhende Pressemeldung vom vergangenenen Samstag über einen Überfall auf einen sudanesischen Studenten war in mehreren Punkten falsch. Der Mann wurde von mindestens sieben (nicht zwei) Tätern angegriffen, erlitt nicht nur Prellungen, sondern ihm wurde ein Arm ausgekugelt; die Tat fand nicht am Nexöplatz statt, sondern in der Lomonossowstraße, und zwar bereits am Mittwochabend, nicht am Himmelfahrtstag. Zwei Männer eilten dem Überfallenen zu Hilfe und konnten Schlimmeres verhindern. Der EA hat zu dem Studenten Kontakt aufgenommen und unterstützt ihn.

Auf dem Bündnistreffen am 27. Juni 00 gab das Bündnis eine Presseerklärung zum Mord an dem Obdachlosen an Klaus- Dieter Gerecke ab, in der es u.a. heißt: „Fest steht jedoch, daß die Verachtung von Randgruppen und die Gewalt gegen Schwächere oder Wehrlose typische Bestandteile faschistischer Ideologie und Aktion sind. „Penner“ gehören ebenso wie „Zecken“, „Rote“ und Ausländer zu den Feindbildern der Rechten. Der Mord an Klaus muß zum gesellschaftlichen Umfeld Mecklenburg- Vorpommern, wo rechtsextreme Gesinnungen verbreitet werden können und rassistische Übergriffe an der Tagesordnung sind, in Bezug gesetzt werden.“ Der Obdachlose Klaus-Dieter-Gerecke war am 24.06. durch drei Jugendliche ermordet wurden. Auch in Wismar und Ahlbeck gab es Morde an Obdachlosen, bei denen den Tätern ein rechtsradikaler Hintergrund nachgewiesen werden konnte.

Am 8.7.2000 fand in der Gaststätte „Logenhaus“ am Mühlentor der NPD-Landesparteitag statt. Das Bündnis protestiert dagegen.

Für das Schützenfest des Schützenvereins 1990 Greif e.V. stellt die NPD eine Ordnertruppe auf, die von Maik Spiegelmacher angeführt wird.

Am 9. Oktober wurde ab 10 Uhr im Amtsgericht der Prozeß wegen Körperverletzung gegen zwei Rechte, die 1998 einen jungen Mann vor den Dompassagen zusammenschlugen, fortgesetzt.

Im September teilte die Greifswalder NPD auf ihrer Homepage mit, daß der Sitz des Kreisverbandes in der Wolgaster Str. 37/38 aufgegeben wurde. Als neue Adresse wird die Makarenkostr. 36a angegeben, Handy 0170-1547285. Die NPD rief zu Spenden für einen geplanten Skingirl- Kalender 2001 „mit Mädels aus Greifswald und Usedom“ auf.

Am 28.September wurde in Greifswald Schönwalde 1 (Aldi- Kaufhalle), am 16. Oktober und am 1. November am Mühlentor NPD- „Informationsstände“ im Rahmen der Kampagne „Argumente statt Verbote“ durchgeführt.

Die NPD Greifswald kündigt die nächsten Infostände in Wolgast (21.11. von 15 bis 18 Uhr), Stralsund (23.11. ebenfalls 15 bis 18 Uhr) und Greifswald (27. 11. von 15 bis 18 Uhr Makarenkostraße) an, die zumindest in Greifswald vom Protest von rund 200 Menschen begleitet werden.

Am 25.11. wird der Obdachlose Eckhard Rütz tot in der Greifswalder Innenstadt aufgefunden. Der Verdacht eines Gewaltverbrechens erhärtet sich und am 13.12. werden drei Jugendliche unter dringendem Tatverdacht verhaftet. Sie gestehen die Tat. Einer der Täter war NPD-Mitglied.

Für den 14.Januar 2001 kündigen rechtsextreme internet-Seiten einen NPD- Aufmarsch in Greifswald an.


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