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Randstandsblicke
auf das eigene Medium
Eine sehr undankbare
Aufgabe eigentlich: das Selbstbild zu entwerfen in Eigenwahlworten, ein
Sich-Erklären in die Öffentlichkeit, die da für sich einzig (wie einzeln)
der Spiegel sein sollte, in dem ein Entzerrbild jenseits der programmatischen
Verkrampfung sich bewegen kann. Unmöglichkeit der Gleichzeitigkeit von
Drinne-Seins- und reflektierender Draußen-Position - was also sonst als
eine Mischung aus Werbungspathos, Relevanz-Zerzweifel und schief entworfenem
Manifestations-Aufruf (eher an das Eigen-Ich gerichtet) kann da entstehen...?
Nun, wir wissen es nicht, probieren es trotzdem: Chancenverwertung ist
die Devise, sowieso.
Zonic
ist eine solche Chance. Eine nur bedingt spontanistische Aktivitätschance,
die nicht zu ergreifen bzw. zu erschaffen wir keinen Grund hatten. Wir,
das waren 1993 als Ur-Nucleus zwei: Karsten Massow und Alexander Pehlemann.
Es galt (mehr/weniger): Alles oder Nichts (relativ natürlich), diese alte
Peripherie-Existenz-Frage im Sinne von Provinz als Chance (nicht nur zum
Scheitern!)- eine, die ob der wesentlichen Auf-sich-Stellung, der kulturellen
Nährbodendünne, der allzu oft öden Weite des Bewegungsfeldes, das zu transzendieren
man ansetzt, einem die Möglichkeit offeriert, Selbstbestimmung auszuprobieren,
sich selbst den Ort zu bestimmen, zu gestalten gar, ansatzweise diktatorisch,
zumindest selbstermächtigend, fast ohne Kulturkonkurrenz also, bzw. in
einer selbst gewählten, allzu fern-nahen, übertragenen. Was als kopierte
60er-Auflage mit handkoloriertem Comic anfing, klassischer Fanzine-Start
mit der alleinigen Motivation des Machens an sich, ein über Zwischenschritte
entwickelter, anfangs noch leicht tapsiger Gang zum eigenen Medium, als
und mit Botschaft, zum Do-it Yourself, ganz altschulig autonom-punkig
tradiert, wenn man so will: diese Tradition will; Wurzellinien lassen
sich gern auch anders ziehen, willkürlich oder nicht. Eine Zeitschrift
also, ein Magazin, vom Rand - gemessen an Kultur- und Medienzirkulation
in den diesstaatlichen Grenzen - her seine Beiträge einwerfend in legerer,
vielfaktorell abhängiger Unregelmäßigkeit, selbstbewusst spielend mit
der tautologischen Assoziationsvorgabe „Zone“, gern mit dem Lem´schen,
viel mehr Tarkowski´schen Stalker als ikonografischer Bezugshilfe, metapherhafte
Bezeichnungskrücke für das Tun, die genug Rückzugstiefe und Deutungsoffenheit
besitzt, ausreichend SPIELraum... in aller Ernsthaftigkeit, versteht sich.
Vielleicht so: der mediale Stalker, der mit Ahnungen und Teilwissen von
den Dingen loszieht, um andere teilhaben zu lassen an der Wahrnehmungszonenrealität,
wie sie sich aus der hiesigen Perspektive mitteilt und übertragen, eingefügt
und verarbeitet wiederum mitteilen läßt. „Kulturelle Randstandsblicke
und Involvierungsmomente“ ist die Unterzeile zum Zonic, ein eigentlich
zur Nummer 9, der letzten selbst kopierten Ausgabe, aus der Denk-Hüfte
heraus schnellgeschossener Werbeslogan, der die Sache aber dennoch ziemlich
trifft.
Das Zonen-Bezugssystem ist in altkaltkriegerischer Weise genauso auf den
Osten (an sich?) als Fundgebiet anwendbar, osteuropäische Subkultur spielt
eine Vorderrolle, eine als Hauptnebenspezifikum, als mittige Charaktersäule
in der Statik der Wesensarchitektur. Das hat viel mit aus dem eigenen
Bauchnabel heraus entwickelten Präferenzen zu tun, genauso aber auch mit
Sozialisation, Frühlenkung..., gegebenenfalls auch mit dem zusätzlichen
Distinktionsgewinn als Potential-Versprechen, mit der Suche nach dem Eigenen
wie dem Besonderen, zudem dem medial sonst sträflich vernachlässigten
in aller nicht überraschenden Ignoranz - die natürlich schnell in Nischen-Hypes
kippen kann. Der „kulturelle Randstandsblick“ ist so ein doppelter in
der Perspektive, denn wie hier, Greifswald, eine Abseitigkeit vom vermeintlichen
Zentrum bestimmend ist, ist genauso aus dem gedrehten Blickwinkel gen
Ost unser Betrachtungspunkt die Randzentrale, sitzen wir am Rand des in
fast jeder Hinsicht gefüllten Tellers, ob gewollt oder nicht, aus jenem
unser Dasein speisend. Doppelte Peripherie, doppelt permeabeles Angrenzen-
eine ideale Voraussetzung zur Umverteilung, eine Verpflichtung geradezu,
was nicht zuletzt ein Moment der Involvierung, der eigenen wie der des
sogenannten anderen. Selbstsetzung in Zusammenhänge, die im Bestfalle
solche des regen Austausches. Alles mit-, in- und nebeneinander, irgendwie,
manchmal auch durch-, durchaus: eine Ebene der Bewegung scheint nie zu
reichen, viele Plateaus müssen her, wenn auch vielleicht nicht gleich
tausend. Was übertragen auch für die Zeitung gilt. Festlegbarkeit ist
Zonic-Sache nicht, der Kompositionsentwurf ist eigen, eigenwillig vielleicht,
die Marginaliät in der medialen Zirkulationshölle ist in gewisser Weise
zugleich willkommene relative Unabhängigkeitsposition von erpresserischer
Zeitgeistthematik, zumindest in der Form der Reflexion, die oft genug
unter Entschleunigungsbewegung stattfindet, was dann zugegeben aber auch
eine Art Zwang zur Andersartigkeit ist. Anders-Art-Ich. Bzw.: Wir (und
ALLES nur im Wir möglich). Das die Marginalität auch eine ökonomische
Schwergewichtskomponente hat, existentiell reale, dass zudem hier das
leidvolle Problem der distributiven Verteilung, also des eigentlichen
Wirksamwerdens vor Leseraugen, sich einordnet, sei angedeutet, mehr nicht.
Bestimmendes durch die Zonic-Linse betrachtetes Mittelpunkt-Element ist
Musik. Musik zwischen Avant- und Pop-Gestalt, zwischen Untergrund und
Überbau, zwischen überbetont zweckfreiem selbstgenügsamen Hedonismus und
intellektuellem Konzeptionalismus mit Polittendenz oder spiritueller Verdunklungsbedrohlichkeit,
zwischen den Stilen sowieso: Reggae, Dub, Ragga, Disco, House, Drum ´n
´Bass, Hip Hop, Folk, Experimentelles, Elektrik, (Rest/Post/Punk/ Stoner...)
Rrrrrock; verwirrend bezeichneter Schubladen sind da noch viele mehr.
Dem kann zwischen Kino, Literatur, Kunst, Kulturallgemeinem, Gesellschaftlichem...
alles mögliche beigeordnet werden, anteilig zunehmend, und auch hier gilt:
alles mit-, in- und nebeneinander; Wechselwirkungsverhältnisse, Mischeinander,
Durchdringlichkeiten. Was in der Entwicklung fortschreitend auch für die
im Heft kombinierten Sichtweisen in ihrer Ausdifferenziertheit geltend
gemacht werden muss, zunehmend vermischt sich die durch Freundesbeziehungen
vernetzte und erweiterte Urzelle mit gezielt geköderten Mit- und ZuarbeiterInnen,
die durchaus sozusagen professionell ähnlich gelagert sich Kenntnis und
Reputation erarbeitet haben und deren Mitwirkung, dies sei eingeräumt,
auch als eine Form von Wertschätzung empfunden wird. Werbepathos? Nein,
keine Namen jetzt. Mehr Andeutung, Ahnungsstreuung, Charakteranriss nicht,
www.zonic.de kann da
in Archivtiefe hoffentlich bald mehr liefern, inwiefern sich aus den hier
gestellten Koordinaten ein Bild zusammensetzt, ist zwar fraglich, aber
es ist hoffentlich Vorgeschmack genug, um nach Abgleichung zu verlangen.
Vollständigkeiten stets neu-anders in Frage zu stellen ist sowieso Aufgabe:
fragile Beweglichkeiten, Nur-nicht-festlegen (-lassen schon gar nicht).
In jeglicher Zone wie interzonal, von Zonic zu Zonic. Immer: weiter...
.
AP
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