Eine Kampagne von Greenpeace gegen die Patentierung von Genen
klicke auf's BildII
Die DNA in Doppelhelix

Jetzt ist aber Schluß! - Teil 3 der Gentechnik-Serie

In den vorangegangenen Teilen wurde auf die ökologische und ökonomische Bedeutung der Gentechnik eingegangen. Mit einem kurzen und sehr subjektiv gehaltenen Abschnitt wird nun die Moral aus der Geschicht´ abgehandelt. Außerdem sollen gleichermaßen die von den Befürwortern der Gentechnik formulierten Vorteile und die von den Gegnern der Gentechnik eingesetzten Widerstandsformen den Themenkreis abrunden.

Der Moralapostel

Fundamental gegen die Gentechnik scheinen mir vor allem die moralische Einwände zu sein. So wird kritisiert, daß die Organismen zum Produktionsinstrument reduziert werden. Das Leben außerhalb dieser Funktionalität wird mißachtet und zugunsten höherer Wirtschaftlichkeit beschnitten. So ist es bei der Züchtung, bei der Nutztierhaltung und auch auf dem Arbeitsmarkt, der junge, dynamische und flexible Arbeitskräfte fordert, die auch bereit sind einige Kilometer zur Arbeitsstelle zu fahren. Wo die Grenze zu ziehen ist, was man akzeptiert und was nicht, ist ein weltanschauliches Problem. Durch (handfeste) Argumente läßt sich diese Grenze nicht festlegen. Mir mißfällt in jedem Fall die Vorstellung, daß sich alles der optimalsten Technologie anzupassen hat, und wir uns wie Zahnräder im Getriebe zu bewegen haben. Im Extrem führen solche Vorstellungen zu einer Teilung in lebenswertes und lebensunwertes Leben, je nach seiner Verwertbarkeit. Zu meinem Leben gehört einfach mehr als das zweckorientierte, mechanische managen meiner Lebensgrundlagen. Kultur, Sport, Freunde, Geliebte und auch Arbeit lassen sich nicht in ein System zur Leistungsgewinnung reinpressen, sie verlieren ihren Reiz dadurch. Wenn ich z.B. die Möglichkeit habe, auf die aus monotoner Arbeit resultierenden materiellen Vorteile zu verzichten, werde ich solchen Arbeiten aus dem Wege gehen. Wo wir Menschen zum Teil noch diese Freiräume haben, wird sie Nutztieren und -pflanzen abgesprochen. Andererseits bin ich auch bereit, zur Sicherung der Lebensgrundlagen (und vielleicht zuweilen auch für den Luxus) andere Organismen meinen Wünschen unterzuordnen. So kann ich für mich keine klare Linie ziehen, inwieweit ich nun Organismen zu einer gezielten Funktionalität verändere. Eher entscheide ich mich von Fall zu Fall.

Chancen der Gentechnik

Ich will also die Gentechnik, bei allen Gefahren und tatsächlichen Schäden, hier nicht vollkommen ablehnen. Deshalb soll hier noch ein Blick auf die Chancen der Gentechnik geworfen werden. In der Medizin kann die Gentechnik bessere und ökonomisch rentablere Impfstoffe herstellen. So ruft zum Beispiel Humaninsulin bei Diabetikern weniger Abwehrreaktionen hervor, als die Nutzung des Insulins von Tieren. Völlig neue Impfstoffe könnten entwickelt werden. Gentechnisch hergestelltes Interferon kann eventuell gegen Viren und Krebs eingesetzt werden. Auch wenn mit der Gentechnik nicht die Ursachen der Umweltverschmutzung bekämpft werden, so kann sie doch als Reperaturtechnologie eingesetzt werden. Bei der Abwasserreinigung könnten auch schwer abbaubarer Stoffe unschädlich gemacht werden. Ölverschmutzte Böden und Gewässer können evtl. durch Gen- Tech- Mikroorganismen gesäubert werden. Bei Ausschluß der Übertragung von Fremdgenen auf wilde Pflanzen ist für den Pflanzenbau auch einiges möglich: Die bei Potsdam getestete genmanipulierte Kartoffel „Desiree“ hatte durch ein Spinatgen bessere Stärkeeigenschaften und einen besseren Phosphathaushalt. Die Forschung an streßtoleranten Nutzpflanzen könnte Landwirtschaft in sonst schlecht nutzbaren Regionen möglich machen. Resistenzen gegen Krankheiten würde einen verringerten Einsatz von Agrochemikalien zur Folge haben. Nach Argumentation der Gentechniker könnten so 50 % des Herbizideinsatzes bei herbizidresistenten Pflanzen eingespart werden. Züchtungsarbeiten würden wesentlich weniger zeitaufwendig werden.

Widerstand

Wie in dem vorangegangenen Teil angedeutet, sind aber die Vorteile zum Teil erst mit anderen Rahmenbedingungen erreichbar. Unter den Umständen, wie jetzt mit Gentechnik umgegangen wird, ist Widerstand immer wieder einmal nötig. Deshalb möchte ich im letzten Abschnitt die vielfältigen Formen des Widerstandes erwähnen. Der erste Blick geht nach Indien, wo sich Teile der Bevölkerung durch den ökonomischen Druck unter anderem gegen die Gentechnik wenden. 1992 wurde die Zentrale des US- Saatgutmultis Cargill in Bangalore verwüstet, dazu der Leiter des Bauernverbandes: „Die Regierung von Indien hat uns verlassen, da haben wir die Verfassung selbst in die Hand genommen. Wir sind 75% der Bevölkerung, wir tragen Verantwortung für die Freiheit und Souverenität unseres Landes. (...) Die Zerstörung von Leben ist Gewalt, die Zerstörung von Sachen nicht. Schon Ghandi sagte während der Quit- India- Kampagne, einen Passagierzug zu sprengen ist Gewalt, einen Güterzug zu sprengen nicht. Die Grenze ist erreicht, wenn die Multis uns verlassen haben, wenn die ausländischen Konzerne uns unsere eigenen Probleme wieder selbst lösen lassen“. Im Oktober 1993 gingen in Bangalore über 100000 LandwirtInnen auf die Straßen, um gegen Multinationale Konzerne und Gattverhandlungen, auf die die indische Regierung einging, zu demonstrieren. Der US- Konzern Monsanto will genmanipuliertes Soja auf den europäischen Markt bringen, was auf heftigen Widerstand stieß. Allein die Androhung eines Boykotts bewirkte beim Agromulti Unilever den Rückzug von dem Vertrag mit Monsanto. Widerstandsformen wie diese (der KonsumentINNenboykott) aber auch entschiedenere Methoden wurden auch kontrovers von Teilnehmerinnen des NGO- Forums während der Welternährungskonferenz diskutiert. In Deutschland wurden im Sommer 1996 14 von 99 Äckern mit genmanipulierten Pflanzen teilweise zerstört. Der Schaden wurde mit 2 Mio. DM beziffert. Zum Beispiel wurden am 18.6.1996 in Golm bei Potsdam 6000 genmanipulierte Kartoffelpflanzen zerstört. Bei Wölfersheim/ Melbach wurden 15000 Unterschriften gegen die Freilandversuche gesammelt. Ein Protest- Camp wurde eingerichtet und der Acker der zukünftigen Versuchsfläche besetzt. Die Maisaussaat konnte 1995 verhindert werden, die Blockierung der Rapsaussaat ist jedoch gescheitert. Einige Wochen später wird jedoch die Rapsaussaat vergiftet. 1996 wurde in der Nacht vom 12. zum 13.6. eine Maisaussaat beseitigt. Einwendungen von Greenpeace gegen Hoechst, die Nutzpflanzen gegen das von ihnen produzierte Unkrautgift BASTA resistent gemacht haben, sind leider abgelehnt worden. Eine Insulinproduktionsanlage von Hoechst steht dagegen durch den Widerstand der Umweltschützer still (Gesetzeslücke Abluft). Gegen den Widerstand aus der Bevölkerung versucht der Staat etwas zu unternehmen. Seit dem 1.1.1994 gilt ein Gentechnik- Gesetz in der BRD, in dem nichtöffentliche Genehmigungsverfahren verankert sind. Die Bevölkerung ist damit von dem Entscheidungsprozeß ausgeschlossen. Legale Einflußmöglichkeiten werden also vom Staat abgebaut. Schöne Aussichten...

Wen das Thema interessiert, der kann noch weiterlesen:

Subbotnik in LA Nr.84, Halle 1996 Dohmen, Karin (Hrsg.): Gentechnologie- die andere Schöpfung?, Stuttgart: J. B. Metzler- Verlag 1988 Klingholz, Reiner (Hrsg.): Die Welt nach Maß, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1990 Gen- ethisches Netzwerk e.V.: Basta. eine bittere Ernte, (Faltblatt) Ökolinx Nr. 23, Frankfurt/Main 1996 Saatzucht Lembke Zweigniederlassung Malchow/ Poel: Berichte aus der Arbeit, Heft 4/1995 Interim Nr. 396, Berlin 1996 Offener Brief aus Wölfersheim/ Melbach (Sommer 1996) Agrarbündnis AbL- Verlag: Der kritische Agrarbericht 1994 Perkow, Werner: Wirksubstanzen der Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel“, Paul Parey- Verlag Wess, Ludger/ King, Jonathan: Das Erbe der Menschheit wird privatisiert, in: Interim Nr. 382, Berlin 1996, S. 17-21 Francesco: Radikale Kritik der Frauen an der Gentechnologie- Bericht von der NGO-Konferenz der FAO in Rom, in: Interim Nr. 398, Berlin 1996, S.24-25 Monsanto (Deutschland) GmbH: Roundup ultra, (Gebrauchsanweisung) Dieke Bobbink: Glyphosphat- das Breitband- Pflanzengift und die Folgen, Greenpeace e.V. Hamburg, internet Hermann-Josef Tenhagen: Indiens Bauern im Aufstand gegen Gatt, TAZ vom 15.11.1993, S.12

Frank Effenberger


  zurück zur Ausgabe 5 zurück zur Hauptseite