Aus der Region - Für die Region

Nach langen zähen Verhandlungen ist es nun soweit. Der Greifswalder Ökomarkt ist vor knapp zwei Monaten vom windigen Domplatz auf den Fischmarkt gezogen - quasi ins Zentrum von Greifswald, direkt neben das Rathaus. Die Stammkundschaft vergrößerte sich, Touristen kommen und die Umsätze stiegen, so daß der Markt auch für Kunsthandwerker und andere alternativ Produzierende attraktiv wird. Ein Grund mehr zu hinterfragen, was das besondere an diesem Markt ist. Beim flüchtigen Überqueren des Marktes denkt man an einen ganz normalen Wochenmarkt, der ökologisch produzierte Waren anbietet. Neben Käse, Brot, Fleisch und Gemüse gibt es einen Imbiß- stand und Kunsthandwerker, manchmal sogar Live-Musik. Bei Gesprächen mit den Leuten jenseits der Marktstände stellt sich jedoch heraus, daß sie den Hauptteil ihres Warenangebotes nach ökologischen Maßstäben selbst und in Vorpommern produziert haben also keine Händler sind. Sie wollen ihre Produkte direkt zum Kunden bringen, ohne Zwischenhändler. Der Verbraucher kann sich sicher sein, daß alles, was er auf dem Markt kauft aus der Region stammt und auch noch „öko“ ist. Sichergestellt wird dies durch Einzelverträge zwischen Produzenten und der Naturkost Vorpommern GmbH, die den Markt pro forma veranstaltet. Gemeinsames Ziel ist die Bioregionalentwicklung. Hört sich ja erstmal gut an, doch was heißt das im einzelnen. Die Region Vorpommern muß entwickelt werden, das ist einleuchtend. Entwicklung heißt hier in erster Linie Arbeitsplätze schaffen und zwar nachhaltig. An der Küste mag der Tourismus die Haupteinnahmequelle sein, doch im Hinterland müssen andere Ideen her. Da gibt es viele Projekte für die geworben und Geld ausgegeben wird und mit denen Wahlkampf geführt wird. Beispielsweise das nukleare Forschungsprojekt Wendelstein 7X, das in der Bauphase mit knapp 3 Milliarden DM aus öffentlichen Mitteln gefördert wird und ca. 200 Arbeitsplätze schaffen soll. Oder die schon im Bau befindliche Ostseeautobahn A20, die mit DM aus der Staatskasse bezahlt wird und Mecklenburg Vorpommern den wirtschaftlichen Aufschwung verheißt. Die Frage ist, ob hier neben den realen Kosten nicht noch viel höhere anfallen. Das Wendelstein-projekt ist wie die gesamte Atomenergie- Forschung und Nutzung in der Bevölkerung sehr umstritten. Die Ostseeautobahn führt durch viele Naturschutzgebiete und ob Autos in einem landschaftlich so reizvollen Tourismusgebiet den langersehnten Aufschwung bringen sei auch mal dahingestellt. Aber zurück zu den Ökobauern. Sie möchten mit der ökologischen Landwirtschaft die Region Vorpommern entwickeln. Die Idee ist denkbar einfach. Lebensmittel, die in der Region verbraucht werden, sollten auch in eben dieser Region produziert werden. Das schafft Arbeits- und Ausbildungsplätze in Vorpommern und Perspektiven für die Bevölkerung. Es hat den weiteren Vorteil von kurzen Transportwegen. Das bedeutet, daß die Lebensmittel frisch den Verbraucher erreichen und nicht unsinnigerweise durch ganz Europa oder gar quer durch die ganze Welt gefahren werden. Ein anderer Punkt ist jener, daß Erlöse der Bauern größtenteils in der Region bleiben, weil sie damit ihre Angestellten bezahlen und die es natürlich auch größtenteils in der Region ausgeben. Das heißt die Kaufkraft der Bevölkerung wird langfristig stärker und die vorpommersche Wirtschaft stabiler. Die ökologische Landwirtschaft ist zudem viel arbeitsintensiver als die herkömmliche Variante, da auf schwere große Maschinen zu Gunsten des Bodens verzichtet wird und ein Großteil der Arbeit von Hand erledigt wird. Das heißt es können mehr Menschen beschäftigt werden, als in der konventionellen Landwirtschaft. Natürlich bedeutet das auch höhere Personalkosten für die Bauern und niedrigere Erträge, die durch die etwas höheren Preise abgepuffert werden sollen. Sicher werden nicht gleich hunderte von Arbeitsplätzen auf einmal geschaffen, doch wird die ökologische Land- wirtschaft auch nicht mit Milliarden von DM subventioniert, sondern trägt sich weitesgehend selbst. Zudem wird hier bedacht, daß auch nachfolgende Generationen den Boden und die Natur nutzen und erleben wollen. Deshalb wird auf Pflanzenschutzmittel und schwere Maschinen verzichtet. In der ökologischen Landwirtschaft ist eben nicht die hohe Ausbeute das Maß aller Dinge. Vielmehr fördert sie die Artenvielfalt und gewährt einen umfassenden Grundwasserschutz. Erstaunlicherweise gibt es in Vorpommern die größte Dichte an ökologisch wirtschaftenden Höfen in ganz Deutschland. Vielleicht liegt das an den relativ niedrigen Bodenpreisen an der Nähe der Ostsee oder einfach nur an den Möglichkeiten, die man hier noch hat. Und wer weiß, vielleicht finden ja noch mehr Landwirte Mut ihren Hof ökologisch zu bewirtschaften - der Ökomarkt könnte auf jeden Fall noch Mitstreiter gebrauchen.


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