fremde heimat | ||
Likedeeler 16, Frühjahr 2005 | ||
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Interkultureller Garten in Greifswald | ||
Ein neuer Verein entsteht | ||
Das Spektrum der gemeinnützig tätigen Vereinigungen, die sich für ein toleranteres, bunteres Greifswald einsetzen, ist seit dem 24. Januar 2005 durch die Gründung des Vereins "Interkultureller Garten Greifswald e.V." bereichert worden. Seit September 2004 fanden mehrere Vorbereitungstreffen statt, an denen sich bis zu ca. 15 aktive Mitstreiter beteiligten. In den bisherigen Diskussionen waren erst wenige Menschen aus verschiedenen Kulturen (Asylsuchende, Aussiedler und ausländische Studenten) beteiligt, was vermutlich auch mit dem Problem der sprachlichen Barriere zusammenhängt, die bisher noch nicht befriedigend überwunden werden konnte. | ||
Ziel des "Interkulturellen Gartens Greifswald e.V."
ist die soziale und berufliche Integration von Flüchtlings- und Migrantenfamilien
durch aktive Partizipation an einem Teil selbst organisierten gesellschaftlichen
Lebens. Die Basis bildet das gemeinsame Gärtnern in einer öffentlich
zugänglichen Fläche, die als Raum zur Verständigung aller
in Greifswald lebenden Kulturen dienen soll. Hier sollen Menschen unterschiedlicher
kultureller und sozialer Herkunft zusammen tätig sein, in geselliger
Runde ihre Erfahrungen und Erlebnisse austauschen und neue Kontakte knüpfen
können. Das Erlernen der deutschen Sprache ist dabei ein ganz fundamentaler
Aspekt, um hier Zugang zum gesellschaftlichen Leben zu finden. Die Gartenfläche untergliedert sich in Einzelparzellen für den privaten Anbau von Gemüse, Gewürzen, Blumen etc., sowie in eine Gemeinschaftsfläche für kulturelle und soziale Aktivitäten, die von allen Mitgliedern gemeinsam gestaltet wird. Berichte aus anderen Interkulturellen Gartenprojekten in mehren Großstädten Deutschlands zeigen, dass der Verlust des eigenen Gartens, vormals oft ein zentraler Bestandteil des Alltagslebens, als besonders schmerzhaft empfunden wurde. "In einem Internationalen Garten haben die MigrantInnen die Gelegenheit, das anzubauen, was sie von zu Hause kennen Wie die Pflanzen, so verwurzeln sich auch die Menschen nach und nach in den Gärten, und in Deutschland." schreibt Christa Müller von der Stiftung Interkultur in ihrem Buch "Wurzeln schlagen in der Fremde". Der Internationale Garten Göttingen e.V. berichtet in seiner gleichnamigen Broschüre: "Ob die Keimlinge angehen oder nicht, wie die Pflanzen wachsen, was sie brauchen und wie sie später aussehen - all das liefert den Flüchtlingen Informationen über den Boden, auf dem sie jetzt leben, und über die Menschen, die hier ansässig sind. Die Experimente, die die GärtnerInnen mit Pflanzen und Saatgut machen, sind immer auch soziale Experimente ... Das Anknüpfen an den Alltag in den Herkunftskulturen, heißt auch, eine Verbindung herstellen zwischen den verlassenen und den neuen Orten." In Interkulturellen Gartenprojekten begegnen sich unterschiedliche ethnisch-kulturelle Hintergründe und auch verschiedene soziale Milieus, Lebensformen und Altersgruppen. Bei den GärtnerInnen handelt es sich um Akteure, die häufig alles zurückgelassen haben - nicht nur Hab und Gut, sondern auch soziale Bindungen und Zugehörigkeiten. Solche Zusammenhänge behutsam wiederherzustellen und den Menschen damit die Möglichkeit zu geben, ähnlich wie beim Wurzeln-Schlagen von Pflanzen neuen "Boden unter den Füßen" zu gewinnen, ist Sinn und Zweck dieser Projekte, schreibt Christa Müller. Der Umgang mit Natur und die Erfahrungen eines sozialen Netzwerkes, wie es solch ein Garten gleichermaßen bietet, können zur besseren Verarbeitung persönlicher Erfahrungen aus Alltags-, Kriegs- und Fluchtsituationen beitragen. Die ausdrücklich gewünschte Eigeninitiative und Verantwortung der Beteiligten bei der Umsetzung eines solchen Projektes stärkt das Selbstwertgefühl und die sozialen Kompetenzen aller Beteiligten. Die 2003 gegründete Stiftung Interkultur sieht sich als Vernetzungs- und Unterstützerstelle für die Interkulturellen Gärten (deutschlandweit inzwischen ca. 20) und organisiert unter anderem die Jahrestagung des Netzwerks Interkulturelle Gärten. Das diesjährige Treffen wird über Pfingsten in Dessau stattfinden. Der Interkulturelle Garten dort ist Teil eines neuen Bildungsnetzwerkes "Gärten als Lernorte"/AGORA des Lernens Dessau-Anhalt-Wittenberg), das längerfristig das Ziel verfolgt, Menschen, die aus dem Bildungsprozess ausgeschieden sind, wieder für lebenslanges Lernen zu motivieren. Zu diesem Zweck werden vier Modellgärten mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten zu Lernorten auf- und ausgebaut. Die Interkulturellen Gärten stehen mit diesem Ziel in direkter Opposition
zur offiziellen staatlichen Haltung gegenüber Asylsuchenden und Einwanderern,
denen u.a. kein Sprachunterricht zusteht. Dadurch und aufgrund ihrer schwierigen
finanziellen Situation durch fehlende Arbeitserlaubnis und andere restriktive
Gesetzgebungen bleibt ihnen der Zugang zum gesellschaftlichen Leben von
vornherein verwehrt. In einer solchen Situation kann die Möglichkeit
auf kostenlos zu nutzendem Land eigene Produkte zu erzeugen - sei es für
sich selbst oder zum Verschenken - die Entwicklung eines neuen Selbstbewusstseins
fördern. Damit wird die öffentlich häufig geforderte Integration
ausländischer Mitbürger und sozialer Randgruppen als konkret
erfahrbare Praxis möglich und verklingt nicht nur als verbaler Appell
in einer Gesellschaft, in der Gewalt sowie offene und subtile Diskriminierung
zu den alltäglichen Erfahrungen von Anderssein und -denken gehören.
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Astrid Köppler |
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Quellen: www.anstiftung.de/ www.internationale-gaerten.de/ (Photos) www.stadtacker.de www.stiftung-interkultur.de/bilkon.htm Christa Müller (2002): Wurzeln schlagen in der Fremde. Die Internationalen Gärten und ihre Bedeutung für Integrationsprozesse (mit Praxisteil zur Realisierung eigener Gartenprojekte), ökom. Verlag |
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Wer uns unterstützen möchte | ||
Bei der Flächensuche sind sowohl Angebote von öffentlichen
Trägern als auch Privatpersonen für Grundstücke mit Wasseranschluss
und gartenbaulich nutzbarem Boden erwünscht. Ebenso benötigen wir Gartengerätschaften, Saat- und Pflanzgut, freuen uns aber auch über finanzielle Unterstützung. (Kontoverbindung des Vereins über die Kontakte erfragen! ) Nützlich sind alle diejenigen mit Russisch-, Französich-, Arabisch-, Serbokroatisch- und anderen Sprachkenntnissen zur Übersetzung bei den Treffen (ca. alle 3 Wochen) in der jetzigen Planungsphase. Nicht zuletzt sind tatkräftige Menschen mit und ohne Gartenerfahrung bei den Vorbereitungen und dann bei der Urbarmachung und Gestaltung des Gartens herzlich eingeladen! |
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Kontakte | ||
Markus Fugmann, 0174-9093205, markus.fugmann@gmx.de Stefanie Gentsch, 03834-517871, schoca@freenet.de Thomas Steger, 039998-13914, thomas-steger@filzfest.de Susanne Koschel, 03834-514873, koschel7@gmx.de Juliane Bense, 038332-71402, dabense@web.de |
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